Vom Überleben als männliche Lesbe im kapitalistischen Feminat

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Das Harrad-Experiment

Männliche Lesben würden sehr davon profitieren, wenn die ganz alltäglichen Beziehungen zu Frauen normalisiert und intensiviert würden, Frauen also zugänglicher würden. Gilmartin schlägt dazu vor, Jugendliche und junge Erwachsene in Studentenheimen, Internaten und sonstigen Bildungseinrichtungen, in denen Menschen zusammen leben, entsprechend ihrer sexuellen Neigung auf gemeinsame Zimmer aufzuteilen. Heterosexuellen würde demnach ein Mitbewohner des anderen Geschlechts zugeteilt. Diese aufs Wohnen ausgedehnte Koedukation wurde 1966 literarisch von Robert H. Rimmer im Roman „The Harrad Experiment“ entworfen. Gilmartin führt zwei positive Effekte an:

Like the experience of growing up in the same house with a sister, I think that having an opposite-sexed roommate would (1) remove the aura of mystery and anxiety surrounding the other sex, and (2) it would enable each young person to more easily perceive the other sex as just regular human beings like themselves. Some people don’t seem to like the idea of „removing the aura of mystery“. I very much approve of the idea because wherever you find an „aura of mystery“, you also find fear, social distance, misunderstandings, and deficits of communication. I think we can all do without such „auras of mystery“. Indeed, I think we can all do a whole lot better without them!

(Gilmartin: Shyness and Love, S. 587)

Wo immer Menschen neue Möglichkeiten eröffnet werden, sich entsprechend ihren Neigungen zu begegnen, ist das emanzipatorisch. Für viele Menschen, die aus den verschiedensten Gründen weniger Gelegenheiten haben, Vertreter des begehrten Geschlechts zu treffen, würden sich neue Freiheiten eröffnen, über ihr Leben zu bestimmen und es angenehmer zu gestalten.

Wie man sich dieses Zusammenleben vorstellen kann, welche Konflikte und welche Glücksmomente es mit sich bringt, lässt sich einer filmischen Bearbeitung der Romanvorlage entnehmen. Zum Inhalt:

At Harrad College, where controversial coed living situations are established, the students are forced to confront their sexuality in ways that society previously shunned. Part of the experiment is to pair incompatible members of the opposite sex as roommates in order to make them shun the traditional concept of monogamy. The film’s primary two „couples“ are the sex-crazed Stanley and ultra-timid Sheila, and insecure Harry and liberated Beth. In charge of the „experiment“ are Prof. Philip Tenhausen and his wife, Margaret, who seem to enjoy the tension they instigate, as well as the graphic sexual episodes that unfold.

1973 veröffentlicht versprüht der Film den liberalen Geist der frühen 1970er-Jahre, was für die schwache Ausgestaltung der Handlung und Form dieses Nicht-ganz-B-Movies entschädigt. Insgesamt ist die Inszenierung aber recht einfühlsam und die aufrichtige Emotionalität der Figuren kann berühren. Die ungekürzte Fassung kann auf Google Video gesehen werden.